BAG 12.9.2013, 6 AZR 907/11
Arbeitnehmer
können auch noch nach Rechtskraft des Insolvenzplans Forderungen geltend machen
Arbeitnehmer können bei Insolvenz ihres Arbeitgebers grds. auch solche Forderungen geltend machen, die bei rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans noch nicht bekannt waren. Die Forderungen
müssen allerdings zunächst rechtskräftig durch das Prozessgericht festgestellt werden, bevor sie durch Leistungsklage gegenüber dem Schuldner durchgesetzt werden können.
Der Sachverhalt:
Der Kläger war in den Jahren 2007 und 2008 als Leiharbeitnehmer bei der Beklagten
beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand kraft vertraglicher Bezugnahme der CGZP-Tarifvertrag Anwendung.
Im September 2009 wurde über das Vermögen der Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet. Der vom Insolvenzgericht rechtskräftig bestätigte Insolvenzplan enthielt u.a. einen Ausschluss
unangemeldeter Forderungen. Im November 2009 wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben.
Nachdem das BAG am 14.12.2010 entschieden hatte, dass die CGZP tarifunfähig ist, verlangte der Kläger von der Beklagten die Zahlung der Differenz zu dem Gehalt von Vergleichspersonen in den
Entleihunternehmen ("Equal-Pay") i.H.v. rund 9.800 Euro. Die Forderungen waren zuvor nicht rechtskräftig festgestellt worden.
Die Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.
Die Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der Differenzvergütung.
Die Unbegründetheit der Klage ergibt sich allerdings nicht bereits daraus, dass der Kläger als sog. "Nachzügler" seine Forderungen erst nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans geltend
gemacht hat. Wird ein Anspruch erst später bekannt, ist die Geltendmachung nicht generell ausgeschlossen. Denn die Insolvenzordnung sieht nicht vor, dass Ansprüche, die im Insolvenzverfahren
nicht angemeldet wurden, nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht mehr gegen den Insolvenzschuldner geltend gemacht werden können.
Ist eine Forderung nicht zur Tabelle festgestellt und hat das Insolvenzgericht auch keine Entscheidung über das Stimmrecht oder über die vorläufige Berücksichtigung der Forderung nach § 256 Abs.
1 Satz 1 und 2 InsO getroffen, kann der Gläubiger einer nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner bestrittenen Forderung aber erst dann wirksam eine Frist nach § 255 Abs. 1 Satz 2 InsO
setzen, wenn seine Forderung vom Prozessgericht rechtskräftig festgestellt wurde. Frühere Fristsetzungen sind wirkungslos.
Diese Voraussetzungen waren hier nicht erfüllt, so dass die Klage schon aus diesem Grund abzuweisen war. Der Senat konnte deshalb offenlassen, ob der Ausschluss unbekannter Forderungen in einem
Insolvenzplan wirksam ist oder gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG verstößt.
BAG 11.9.2013, 7 AZR 107/12
Unsichere
Prognose rechtfertigt keine Befristung des Arbeitsverhältnisses wegen vorübergehenden Bedarfs
Eine Sachgrundbefristung gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG setzt voraus, dass nur vorübergehend ein betrieblicher Bedarf an der Arbeitsleistung besteht. Hierfür reicht es nicht aus, dass dem
Arbeitgeber - wie im Fall der sog. Optionskommunen - dauerhaft anfallende sozialstaatliche Aufgaben vorerst nur zeitweise übertragen sind. Für einen vorübergehenden Beschäftigungsbedarf genügt es
also nicht, dass eine Aufgabe beim Arbeitgeber möglicherweise entfällt.
Der Sachverhalt:
§ 6a SGB II eröffnete kommunalen Trägern (sog. Optionskommunen) die Möglichkeit, auf
Antrag anstelle der Bundesagentur für Arbeit als Träger der Leistungen im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zugelassen zu werden. Das Optionsmodell war zunächst auf die Jahre 2005 bis
2010 begrenzt. Inzwischen wurden die Zulassungen unter bestimmten Voraussetzungen unbefristet verlängert.
Bei dem beklagten Landkreis handelt es sich um eine solche Optionskommune. Die Klägerin war hier seit Oktober 2005 aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverhältnisse als Sachbearbeiterin in der
Arbeitsvermittlung beschäftigt. Der Landkreis berief sich gegenüber der Klägerin - anders als bei vielen anderen Arbeitnehmern, die er in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernahm - auf die
Befristung. Er begründete dies damit, dass das Optionsmodell zur Zeit des Vertragsschlusses befristet gewesen sei.
Die Klägerin erhob eine Befristungskontrollklage. Hiermit hatte sie vor dem Arbeitsgericht Erfolg. Das LAG wies die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin bestätigte das BAG die
klagestattgebende Entscheidung der ersten Instanz.
Die Gründe:
Zwischen den Parteien besteht mangels wirksamer Befristung ein unbefristetes
Arbeitsverhältnis. Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrags zu ihrer Wirksamkeit grds. eines sachlichen Grundes. Ein solcher ist zwar nach § 14
Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gegeben, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht. Die Voraussetzungen dieses Sachgrunds sind vorliegend aber nicht erfüllt.
Für eine Befristung gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG muss im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten sein, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die
Beschäftigung des Arbeitnehmers kein dauerhafter betrieblicher Bedarf mehr besteht. Hierüber hat der Arbeitgeber bei Abschluss des Arbeitsvertrags eine entsprechende Prognose zu erstellen. Diese
ist nicht bereits dann begründet, wenn dem Arbeitgeber dauerhaft anfallende sozialstaatliche Aufgaben nur zeitweise übertragen sind. Es reicht nicht aus, dass eine Aufgabe beim Arbeitgeber
möglicherweise entfällt.
Die zunächst bestehende Ungewissheit über die Fortführung des Optionsmodells rechtfertigt daher keine Befristung des Arbeitsvertrags.
Arbeitsgericht Berlin 4.9.2013, 33 Ca 5347/13
Bloße
Bereitstellung von Personal ist Arbeitnehmerüberlassung und kein Werkvertrag
Beschränkt sich ein Unternehmen auf die Auswahl und Zurverfügungstellung von Personal für den Besucher- und Veranstaltungsservice eines anderen Unternehmens, ohne diese Aufgaben in eigener
Verantwortung zu erfüllen, so liegt kein Werk- oder Dienstvertrag vor, sondern ein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag. Hierfür benötigt der Verleiher eine Erlaubnis. Fehlt diese, so entsteht kraft
Gesetzes ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher.
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist bei einem Unternehmen für Besucherservice angestellt und wurde bei der
beklagten Heinrich-Böll-Stiftung seit mehreren Jahren für Umbauarbeiten zur Vorbereitung von Veranstaltungen in ihrem Konferenzzentrum eingesetzt. Der Kläger begehrte u.a. die Feststellung, dass
wegen unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten entstanden sei. Die Beklagte machte dagegen geltend, dass der Kläger aufgrund eines mit dem Unternehmen für
Besucherservice geschlossenen Werkvertrags bei ihr eingesetzt worden sei.
Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig.
Die Gründe:
Zwischen den Parteien besteht ein Arbeitsverhältnis. Denn dem Einsatz des Klägers bei der
Beklagten lag in Wahrheit kein Werk-, sondern ein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zugrunde. Dieser ist unwirksam, da das verleihende Unternehmen nicht über die für eine Arbeitnehmerüberlassung
erforderlich Erlaubnis verfügte. An die Stelle des unwirksamen Vertrags tritt nach §§ 9 Nr. 1, 10 Abs. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher, hier also zur Beklagten.
Die Beklagte mag mit dem Unternehmen für Besucherservice zwar nominell einen Werkvertrag geschlossen haben. Nach der im Rahmen der Auftragsvergabe erstellten Leistungsbeschreibung und den
tatsächlichen Umständen beschränkte sich die Tätigkeit des Unternehmens aber auf die Auswahl und Zurverfügungstellung von Personal für den Besucher- und Veranstaltungsservice und umfasste nicht
weitergehend auch dessen Durchführung in eigener Verantwortung.
Daher handelt es sich bei dem zustande gekommenen Vertragsverhältnis nicht um einen Werk- oder Dienstvertrag, sondern um eine Arbeitnehmerüberlassung.
Blaumacher-Fotos per Handy verletzen nicht das Arbeitnehmerpersönlichkeitsrecht
Das LAG Rheinland-Pfalz hat sich in einem einstweiligen Verfügungsverfahren mit den Segnungen von Smartphones befasst. Ein Arbeitnehmer verlangte
von seinem Arbeitgeber (Beklagter zu 1.), ihn nicht ohne seine Einwilligung zu filmen oder
fotografieren und/oder ihm nicht heimlich nachzustellen oder ihn heimlich zukontrollieren (Urteil v. 11.07.2013- 10 SaGa 3/13). Während einer Krankschreibung durch einen Neurologen traf sein Vorgesetzter – der Beklagte zu 2. – diesen an einer
Autowaschanlage an, wo er gemeinsam mit seinem Vater einen PKW reinigte. Davon und von der guten körperlichen Verfassung des Klägers fertigte der Vorgesetzte Fotos mit seinem Handy (- die
Segnungen des Smartphones -). Es kam zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und seinem Vater einerseits und dem Vorgesetzten andererseits (was
auch dafür spricht, dass die Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht war). Daraufhin kündigte der Arbeitgeber dem Kläger eine Woche später fristlos. Der Kläger hat unabhängig vom
Kündigungsrechtsstreit neben der Unterlassung der fotografischen Überwachung verlangt, sämtliche Aufnahmen der Reinigungsaktion an ihn herauszugeben.
Wie schon das Arbeitsgericht hat auch das Landesarbeitsgericht den Verfügungsantrag zurückgewiesen, weil der Kläger schon keinen Verfügungsanspruch i.S.d. §§ 935, 940 ZPO habe glaubhaft
machen können. Der Beklagte zu 2. habe nicht rechtswidrig gehandelt. Im Hinblick auf die Unterlassung fehle es außerdem an einer Wiederholungsgefahr.
Anspruchsgrundlage für den Unterlassungsanspruch können §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. dem Arbeitnehmerpersönlichkeitsrecht (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 GG) sein. Das Persönlichkeitsrecht umfasst auch das Recht am eigenen Bild. Das
grundrechtlich gewährleistete Persönlichkeitsrecht ist im Arbeitsverhältnis nicht schrankenlos gewährleistet, weil überwiegend schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers Eingriffe
rechtfertigen können. Das BAG (BAG v. 21.06.2012 -2 AZR 153/11, Rn. 30 m.w.N.) ermittelt im Einzelfall anhand einer Güterabwägung, ob das Persönlichkeitsrecht oder die Interessen des
Arbeitgebers den Vorrang verdienen.
Bei seiner Bewertung stellt das LAG in den Vordergrund, dass der Kläger arbeitsunfähig krankgeschrieben an der Autowaschanlage angetroffen wurde und einen körperlich gesunden Eindruck machte.
Es habe der Verdacht bestanden, dass der Kläger seine Arbeitsunfähigkeit lediglich vorgetäuscht haben könnte. Der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen könne nur durch
substantiierte Tatsachen entwertet werden, so dass der Beklagte zu 2. als Erfüllungsgehilfe des Arbeitgebers ein Interesse gehabt habe, die körperlichen Aktivitäten an der Waschanlage zu
Beweiszwecken zu fotografieren.
Es habe sich auch um keinen schwerwiegenden Eingriff gehandelt, weil die Autowaschanlage öffentlich zugänglich gewesen sei.
Überdies fehle es an der Wiederholungsgefahr, was materielle Voraussetzung des Unterlassungsanspruchs sei, weil die Fotos nur im laufenden Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht
vorgelegt worden seien und sonst nicht. Über die Zulässigkeit der Verwertung im Kündigungsschutzverfahren müsse das Prozessgericht – also das Arbeitsgericht in der I. Instanz zunächst –
entscheiden.
Soweit der Kläger Herausgabe der Fotos (in Datei-Form)verlange, würde die Herausgabe der drei mit der Handy-Kamera getätigten Fotos nicht nur zur Sicherung, sondern schon zur Erfüllung des
Anspruchs auf Herausgabe führen und damit die Hauptsache vorwegnehmen. Das sei im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht möglich. Im Übrigen sei die Anfertigung der Fotos nicht
rechtswidrig gewesen.
Beinbruch auf Weihnachtsfeier ist Arbeitsunfall
Wer sich auf einer betrieblichen Weihnachtsfeier verletzt, ist durch die Unfallversicherung des Arbeitgebers abgesichert. Eine solche Verletzung gilt als Arbeitsunfall. Über eine entsprechende
Entscheidung des Sozialgerichts Berlin vom 16. Dezember 2010 (AZ: S 163 U 562/09) informiert die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Die Mitarbeiterin eines Jobcenters nahm an einer betrieblichen Weihnachtsfeier teil. 17 von 20 Kollegen machten mit, die Teamleiterin fiel wegen Erkrankung ihres Kindes überraschend aus. Als die
Gruppe nach dem Bowlen von der Bowlingbahn ins Restaurant wechseln wollte, stolperte die Frau über eine Stufe und brach sich das linke Bein. Sie war monatelang krank geschrieben und musste drei
Wochen zur Kur. Die Unfallkasse Berlin lehnte die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab. Es sei keine offizielle Weihnachtsfeier der Behörde gewesen, sondern nur die private, selbst
organisierte Veranstaltung eines kleinen Teams. Zudem habe die Feier außerhalb der Dienstzeit stattgefunden.
Nach Ansicht des Gerichts lag jedoch ein Arbeitsunfall vor. Dazu zählten alle Unfälle, die der versicherten Arbeit zuzurechnen seien – im Unterschied zu Unfällen im privaten Bereich. Unfälle im
Zusammenhang mit Betriebsfeiern oder Betriebsausflügen seien versichert, soweit es sich um eine „betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung“ handele. Dies sei hier der Fall. Die Richter stellten
fest, dass die vom Bundessozialgericht aufgestellten Voraussetzungen für eine Betriebsfeier vorlagen: Eine solche Feier soll die Betriebsverbundenheit unter Kollegen und mit den Vorgesetzten
fördern. Der Chef billigt und fördert die Feier, übernimmt zum Beispiel die Organisation. Er oder sein Vertreter machen selbst mit (oder hatten dies – wie hier – zumindest fest vor). Alle
Betriebsangehörigen – bei großen Betrieben wenigstens alle Mitarbeiter einer Abteilung – können teilnehmen, nicht nur einige ausgewählte.
Bei einem Arbeitsunfall zahlt die gesetzliche Unfallversicherung die Behandlung. Es kann Verletztengeld oder sogar Rente geben, erläutert die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des DAV.
Arbeitsrechtsanwälte in der Nähe finden Sie auf der Startseite unter „Anwalt finden“.
Pressemitteilung vom 07.01.2011
Arbeitsgericht Düsseldorf 4.9.2013, 8 Ca 7883/12
Arbeitgeber
können Hunde im Büro verbieten
Arbeitgeber können es einem Mitarbeiter untersagen, seinen Hund mit ins Büro bringen. Ein solches Verbot kann selbst dann gerechtfertigt sein, wenn andere Arbeitnehmer ihren Hund mitnehmen
dürfen. Das kommt in Betracht, wenn sich die Mitarbeiter durch diesen einen Hund bedroht fühlen und dieser deshalb die Arbeitsabläufe stört. Ob der Hund objektiv bedrohlich ist, spielt insoweit
keine Rolle.
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist in der beklagten Werbeagentur beschäftigt. Sie hält einen
dreibeinigen Hund, den sie von der Tierhilfe aus Russland übernommen hat. Die Beklagte erlaubte der Klägerin zunächst, den Hund mit ins Büro zu bringen. Nach drei Jahren zog sie die Erlaubnis
allerdings zurück. Dies begründete sie damit, dass der Hund zutiefst traumatisiert sei und ein gefährliches soziales und territoriales Verhalten zeige. So knurre er Kollegen der Klägerin an,
welche sich deshalb nicht mehr in deren Büro trauten. Darüber hinaus gehe von ihm eine Geruchsbelästigung aus.
Die Klägerin berief sich demgegenüber auf den Grundsatz der Gleichbehandlung, da auch andere Mitarbeiter ihre Hunde mitbringen dürften. Ihr Hund bedrohe auch niemanden.
Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin die Feststellung, dass sie ihren Hund auch weiterhin mit ins Büro nehmen darf. Hilfsweise sollte die Beklagte verpflichtet werden, die Mitnahme des Hundes
unter der Voraussetzung zu gestatten, dass mit Unterstützung eines Hundetrainings an einer Verhaltensbesserung gearbeitet, der Hund in einem Gitterlaufstall gehalten bzw. an der Leine geführt und
mit einem Maulkorb versehen wird. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab.
Die Gründe:
Die Beklagte muss es auch unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten nicht dulden, dass die
Klägerin ihren Hund mit zur Arbeit nimmt.
Nach Vernehmung von Zeugen steht fest, dass sich sowohl Mitarbeiter als auch einer der Geschäftsführer der Beklagten von dem Hund bedroht fühlen. Ob dies letztlich im Charakter des Hundes
begründet ist, kann dahinstehen. Auf jeden Fall sind Arbeitsabläufe gestört worden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in einer Werbeagentur typischerweise eine rege Kommunikation und damit viel
Bewegung in den Räumen stattfindet. Eine Einschränkung dieser Kommunikation aufgrund der Angst vor dem Hund der Kollegin muss die Beklagte nicht hinnehmen.
Einige Kollegen der Klägerin haben sich wegen des Hundes an ihrem Arbeitsplatz nicht mehr wohlgefühlt. Auch die diesen Arbeitnehmern gegenüber bestehende Fürsorgepflicht stellt einen Sachgrund
dar, der es rechtfertigt, dem Hund der Klägerin den Zutritt zum Büro zu versagen, auch wenn andere Mitarbeiter ihren Hund mitbringen dürfen.
Für den von der Klägerin gestellten Hilfsantrag auf Durchführung eines weiteren Hundetrainings am Arbeitsplatz fehlt es an einer Anspruchsgrundlage. Der Arbeitgeber muss der Klägerin die Mitnahme
des Hundes auch nicht gestatten, wenn dieser in einem Gitterlaufstall gehalten bzw. an einer Leine geführt und mit einem Maulkorb versehen wird.
VG Arnsberg 14.8.2013, 2 K 2669/11
Männer
können in NRW nicht Gleichstellungsbeauftragte werden - Kein AGG-Verstoß
In Nordrhein-Westfalen können nach dem Landesgleichstellungsgesetz nur Frauen kommunale Gleichstellungsbeauftragte werden. Dies verstößt weder gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
noch gegen die Gleichbehandlungsrichtlinie, da beide bestimmen, dass der Staat die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberichtigung fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinwirken
muss.
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte sich auf eine vom beklagten Ennepe-Ruhr-Kreis ausgeschriebene Stelle
als Gleichstellungsbeauftrage beworben. Die Kreisverwaltung erteilte ihm eine Absage. Seine Bewerbung könne nicht berücksichtigt werden, da die Stelle der Gleichstellungsbeauftragten zwingend mit
einer Frau zu besetzen sei. Daraufhin machte der Kläger einen Entschädigungs- und Schadensersatzanspruch nach dem AGG geltend. Hiermit hatte er vor dem VG keinen Erfolg.
Die Gründe:
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung einer Entschädigung oder von
Schadensersatz wegen Diskriminierung aufgrund seines Geschlechts. Im Landesgleichstellungsgesetz NRW ist ausdrücklich geregelt, dass als Gleichstellungsbeauftragte eine Frau zu bestellen ist.
Diese Regelung verstößt nicht gegen das AGG.
Das AGG erlaubt eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts, wenn dies wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit eine wesentliche berufliche Anforderung darstellt beziehungsweise dazu
dient, bestehende Nachteile wegen des Geschlechts auszugleichen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Hauptaufgabe der Gleichstellungsbeauftragten ist der Abbau von Benachteiligungen von Frauen in Beschäftigungsverhältnissen sowie die Wahrnehmung von frauenspezifischen Aufgaben, wozu u.a. auch
die Betreuung und Beratung von sexuell belästigten Arbeitnehmerinnen und die Zusammenarbeit mit Frauenhäusern gehört. Der Landesgesetzgeber hat daher zum Zweck der Herstellung der
Gleichberechtigung an tatsächliche Gegebenheiten und spezifische Eigenschaften, Erfahrungen und Kenntnisse angeknüpft, die mit Blick auf die frauenspezifische Ausrichtung der Position einer
Gleichstellungsbeauftragten nur Frauen haben können.
Dies ist sowohl mit dem Unionsrecht als auch mit dem Grundgesetz vereinbar. Sowohl Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie 2006/54/EG als auch Art. 3 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes bestimmen, dass der
Staat die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken hat.
Zeitarbeiter dürfen nicht mehr benachteiligt werden
Zeitarbeitern steht die gleiche Entlohnung zu wie der Stammbelegschaft. Voraussetzung ist, dass ihr Arbeitgeber als Verleiher keinen gültigen Tarifvertrag hat. Zeitarbeiter müssen ihre Rechte
allerdings innerhalb von einer Frist von drei Monaten anmelden, vgl. Bundesarbeitsgericht (5AZR 954/11). Geklagt hatten Zeitarbeiter aus Brandenburg, Sachsen und Nordrhein-Westfalen, die Verträge
der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit (CGZP) unterzeichnet hatten.
Bereits 2011 und 2012 waren Tarifverträge, die die CGZP als Tarifgemeinschaft der Christlichen Gewerkschaften mit den niedrigsten Löhnen in der Zeitarbeit ausgehandelt hatte, überprüft worden.
Deren Bestimmungen hatte das Bundesarbeitsgericht in Grundsatzentscheidungen für nichtig erklärt. Praktische Konsequenz daraus ist, dass Zeitarbeiter ohne gültigen Tarifvertrag gleiche Löhne wie
die Stammbelegschaft erhalten müssen. Nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz haben Beschäftigte, für die es keinen gültigen Tarifvertrag gibt, Anspruch auf gleiche Bezahlung und
Arbeitsbedingungen wie die Stammbelegschaften. Allerdings müssen sie das einklagen.
Ein großer Teil der Ansprüche auf Lohnnachzahlung ist sicherlich wegen der dreijährigen Verjährungsfrist verloren. Bei Arbeitsverträgen mit Ausschluss- oder Verfallfristen müssen Nachforderungen
in der Regel nur innerhalb geltend gemacht werden.
Keine Abmahnung für Vorbereitungen zu Betriebsratswahl
Ein Arbeitnehmer, der einen Betriebsrat gründen möchte und hierfür während seiner Arbeitszeit ein Einladungsschreiben für die Wahlversammlung zur Wahl eines Wahlvorstandes vorbereitet, kann
deswegen nicht abgemahnt werden. Darüber informiert die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) unter Berufung auf ein Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 16. September
2010 (AZ: 5 Ca 1030 d/10).
Die Sachbearbeiterin arbeitete in einem Betrieb ohne Betriebsrat. Gemeinsam mit zwei Kollegen beschloss die Frau, eine Wahlversammlung zur Gründung eines Betriebsrats einzuberufen. Die drei
Mitarbeiter forderten von ihrem Arbeitgeber mit Hinweis auf die Wahlordnung, ihnen die zur Ausfertigung einer Wählerliste erforderlichen Unterlagen zukommen zu lassen. Der Geschäftsführer
beanstandete, dass in dem Schreiben die Anschrift bzw. Firmenbezeichnung nicht korrekt sei. Die Mitarbeiterin telefonierte mit dem einen der beiden Kollegen und dieser korrigierte das Schreiben.
In der Mittagspause trafen sich die drei Mitarbeiter, um das Schreiben gemeinsam zu unterschreiben. Daraufhin mahnte der Arbeitgeber die Frau ab, weil sie während der Dienstzeit Tätigkeiten
ausgeführt habe, die nichts mit ihrer eigentlichen Aufgabe zu tun hätten. Die Mitarbeiterin klagte auf Entfernung der Abmahnung aus ihrer Personalakte.
Die Richter gaben der Klage statt. Die Frau habe keine Vertragsverletzung begangen, die eine Abmahnung rechtfertige. Es sei unerheblich, ob die Mitarbeiterin das Schreiben tatsächlich während
ihrer Arbeitszeit verfasst und korrigiert habe. Arbeitnehmer, die eine Betriebsratswahl vorbereiteten, seien nicht verpflichtet, die dafür nötigen Vorbereitungen in der Pause oder außerhalb der
Arbeitszeit zu erbringen. Mitglieder des Betriebsrats seien für die Durchführung der Betriebsratsaufgaben von der Arbeitsleistung zu befreien. Gleiches müsse auch für die eine Wahlversammlung
einberufenden Arbeitnehmer gelten. Die Klägerin sei keiner privaten Tätigkeit nachgegangen, sondern habe sich für das vom Gesetzgeber gewollte Ziel der Gründung eines Betriebsrates eingesetzt.
Arbeitsrechtsanwälte in der Nähe finden Sie auf der Startseite unter „Anwalt finden“.
Pressemitteilung vom 07.01.2011
BAG: Zum Verhältnis zwischen
Arbeitsverhältnis und Dienstverhältnis bei Abschluss eines schriftlichen Geschäftsführer-Dienstvertrags
BAG, Beschl. v. 3.2.2009 -- 5 AZB 100/08
Weitere Informationen finden Sie hier.